Freitag, 5. September 2008

306. Tag

Ich bin eigentlich nicht mehr in England, aber ich wollte Tag 305 nicht das Schlusswort sein lassen.
Mein erstes Jahr in England geht zu Ende.
Ein Urlaub in der Heimat soll Hirn und Herz erfrischen.
Ich glaube, die Tageszahl stimmt nicht ganz.

Moment.
Überschlagsmäßig komm ich allerdings auf 366 Tage.
Und dieses Jahr war ein Schaltjahr!?!
Ein Schaltjahr hat allerdings 365 Tage, wenn ich mich nicht irre.
Wurscht.

Dieser Blog geht in seine Spätsommer-Frühherbst Pause.
Am 1. Oktober flieg ich wieder zurück.
Wie letztes Jahr. Am selben Tag an denselben Ort.

„When all the parts of the puzzle start to look like they fit...”

Ach was.
Zufall.

Am 1. Oktober geht dieser blog wahrscheinlich weiter.
Es gibt wahrscheinlich auch einen 3. Vortragsabend.
Zeit und Ort wird noch bekannt gegeben!
Vielleicht hier.
Bis bald!

305. Tag

Letzter Arbeitstag für eine laaange Zeit.
Der Park macht mir ein Friedensangebot.
Ich bin zunächst noch misstrauisch.
Doch er hält es auch über die Mittagszeit hindurch (mit einigen Patzern, über die ich mal gnädig hinwegsehen will) und ich nehme an.
So scheiden wir im Guten und sagen, dass eine Pause vielleicht nicht schlecht ist. Ich kann mir andere Parks anschauen, er kann andere Kaffee-brauen lassen. Ein bisschen Abstand und Abwechslung tut ganz gut. Da weiß man wieder was man hat. Oder eben nicht.

Unter uns gesagt:
Es zieht mich beruflich in eine andere Richtung. Mehr Spaß und auch mehr Geld will ich. In meiner Beziehung mit dem Park fühl ich mich wie eine Frau, deren Mann beim Sex ständig zu früh kommt.
Am Schluss bleibt nur die Sauerei. In meinem Fall in der Art eines Coitus Interruptus auf der Schürze.
Pater S. hat einmal erklärt, dass diese Art der Verhütung im Volksmund auch „Herausziehen“ genannt wird.
Ich muss das endlich mal mit jemandem teilen, sonst werde ich noch ganz verrückt im Kopf.

304. Tag

Frei.
J. lenkt ein.
Romeo und Julia haben es nicht so schlecht getroffen. Verliebt sterben.
Früher war alles einfacher.
Da hat man einfach Schluss gemacht.


303. Tag

Bloody Monday.
Ich arbeite im Park. Das Playcenter hat geschlossen, weil die Schule wieder losgeht. Ich sehe es als Abschiedsgeschenk des Parks.
Aber der Park, dieser Scheißkerl, hat es faustdick hinter den Ohren.
Die Engländer kriechen trotz des wechselhaften Wetters aus ihren Löchern und wollen alle Extrawürste haben, die mich an den Rande des Wahnsinns treiben.

Am Abend fall ich um.
Beziehungsstress hilft in diesem Fall nicht.

302. Tag

Ich mag es, wenn ich Recht habe. In diesem Fall allerdings nicht. Ich hab weder das gestrige Besäufnis noch den heutigen Kater genossen. Beides ziemlich halbe Sachen.
Die letzte Nacht in meinem Bett war nicht so toll. Wenn ich betrunken bin, schwitze ich im Schlaf immer so. Und wenn ich vor dem Schlafengehen bade.
Nichtsdestotrotz.
Wieder ein Abschied. Inzwischen bin ich darin schon ganz gut.
Ich bekomme einen wunderbaren Brief von meiner Vermieterin mit dem Angebot auf (beinahe) ewiges Gastrecht.
Ich darf mein ganzes Zeug in ihr Auto laden. Das Kickboard darf ruhen und mitfahren. Es hätte eh nicht alles geschafft. Ich wollte es halt nicht wahrhaben.


301. Tag

House-Warming-Party.
Ich habe ein gutes Gespür für meinen Körper. Ich weiß, wann ich mit dem Alkohol aufhören muss, wenn ich am nächsten Tag keinen Kater haben will.
Manchmal früher, manchmal später.
Meistens früher.
Nina, eine der Gastgeberinnen, selbsternannte „Partysau“ sagt zu mir in ihrem Vorarlberger Dialekt: „Philipp, du denkst immer an morgen. Verkopf dich nicht so. Trink was.“
Ich folge ihrem Rat und weiß, dass ich es am nächsten Tag bereuen werde.



300. Tag

Meine Freundin wirft mir vor, dass ich oft „deep thoughts“ habe.
Ich war heute mit einem Kerl aus, von dem ich vollen Herzens behaupten kann, dass er „deep thoughts“ hat.
So „deep“, dass ich am Freitag Abend um 21.00 gesagt habe, dass ich müde bin und nach Hause gehen muss.
Jetzt weiß ich, warum sie in Argentinien ist.
Buuuhhhh.
Schnief.
Koks.
Ups.

Nana. Wor lei a schmäh.


299. Tag

Ich habe ein Kickboard. Yeah.
Darauf hab ich meinen 1. Umzugskarton gestellt und bin losstapft. So macht umziehen Spaß. Man muss nichts schleppen und bekommt von Passanten bewundernde Blicke zugeworfen. Man muss schon ein Pfundskerl sein, um sich so etwas auszudenken.
Und ein Prachtskerl.
Ein wilder Hegl.
Ein Saubeitl. Ein ganz gewaltiger.
Ein Höllenhund.
Ein Kerl.
Ein Topkerl.
Topfkerl.
Topferl.
Tipferl.
Kipferl.
Ahh.
Die Arbeit zieht sich in mein Privatleben.
Ich muss fliehen von der Insel.
In den sicheren elterlichen Hafen!!!!

298. Tag

Abschied von der Christina. Oder Christine, wie sie ihre Freunde gern nennen.
Da fällt mir ein:
Das erste Mädchen, das ich geküsst habe hieß Christina. Oder Christine. Ich war mir nie ganz sicher. Peinlich, peinlich.
Apropos peinlich.
Zum Abschied war ein ordentlicher Fortgang geplant. Crazy night out wie man auf der Insel sagt. Es verschlägt uns in den Keller einer Bar. Mittwoch ist Karaoke Nacht.
Das lässt sich der gute Philipp nicht zweimal sagen.
Die Begleitung zickt. Bis ich sie überredet habe, ist es zu spät.
Ich hoffe, ich habe euch mit dem „Apropos peinlich“ auf eine nette falsche Fährte geführt.
Hihi. Was bin ich nur für ein ausgefuchster Hund.
Ich weiß, es wär besser gewesen, wenn ich die Erwartung getoppt und nicht enttäuscht hätte. Aber so ist das nun mal im Leben. Da erwartet man sich weiß Gott was und wird enttäuscht. Wie ich in der Karaoke Bar.
Insofern war ich erfolgreich.
Ich konnte euch an meiner Enttäuschung teilhaben lassen.
Oh. Ich sehe eine große schriftstellerische Karriere in meinem Kaffeesatz. Neben einer Kellnerschürze.

297. Tag

Ich habe heute ein email von meinem Bakkalaureatsarbeitsbetreuer erhalten, mit dem Hinweis, dass er immer wieder diesen blog verfolgt. Dazu möchte ich zwei Dinge sagen:
1. Mit diesem email hat er sich schlagartig auf den zweiten Platz meiner Lieblingsjesuiten-Hitliste katapultiert.
Sicher, es gibt nur zwei, aber wer weiß das schon.
2. Mir ist die ein oder andere theologische Waghalsigkeit, die ich hier zum Besten gegeben habe, in den Sinn gekommen.
Ich muss zugeben, die Anonymität des weltweitenwetz hat mich ein wenig übermütig gemacht und in Folge habe ich Dinge geschrieben, die ich nicht geschrieben hätte, wenn mein wertvoller Name drunter gestanden wäre.
Verflucht.
Oh, Entschuldigung.
Scheiße.
(Wenn schon fluchen, dann auf irdischen Bahnen!)

(Der aufmerksamen Leserin ist sicher die schleichende Anonymisierung dieses blogs aufgefallen…)


Im Sinne das Aquinaten werde ich beide Punkte gesondert behandeln.
Ad1.
Dieses Geschleime hätte ich mir für die Zeit vor der Benotung meiner Arbeit aufsparen sollen. Jetzt ist es zu spät.

Ad2.
Ich seh es mal so: Ich sammle Material für meine Confessiones. Augustinus ist schon lange tot und es braucht endlich wieder neue Sünder, die dann zum Herrn finden.
(Hoffentlich merkt niemand, dass ich keine Zeile der Confessiones gelesen habe und hier nur mit mehr oder weniger geschickten Andeutungen diesen Eindruck erwecken will. Mit Erfolg hoffentlich. Ich muss endlich mal wieder ein wenig an meinem Intellektuellen Image arbeiten. Ergraute Schläfen und Brille ist heutzutage nicht mehr genug.)

Conclusio?
Ach, ich hab mich verzettelt. Ich weiß nicht mehr, worauf ich hinaus wollte und bin zu faul noch mal von vorn anzufangen.
Also enden wir in einer Sokratischen Aporie.
(Ein weiterer Baustein. Hehe)
Ich muss los, meiner Xanthippe ein email schreiben.
(Uhhh. Ich hab einen Lauf. Vielleicht geht noch einer…)
Oder um es mit Falco zu sagen: Wer sich an die 80er erinnert, war nicht dabei.

(Auweh, das hab ich satt vergeigt.)

Dienstag, 26. August 2008

296. Tag

Montag.
Frei! Juhuu!
Es treibt mich raus auf die Straßen dieser Stadt. Ich entschließe mich dazu, wieder einmal allein auszugehen. Des Kickes wegen.


295. Tag

Am Tag des Herrn sollst du ruhen oder 180 Kipferl formen.
Ich hab mich für letzteres entschieden.
Woraufhin wieder eine Debatte über den freien Willen in mir entbrennt.
Das Ergebnis ist wie immer klar.


294. Tag

Zwei Tage in Folge frei. Ein Geschenk des Himmels, das ich aufgrund der Unglaublichkeit leider vergeige. Versemmle. Vergammle.


293. Tag

Am Abend endlich wieder einmal in einen Club. Die Lokalität war ausgezeichnet, die Musik beschissen.
Der Club heißt KOKO, das Publikum war englisches Mittelschicht Jungvolk. In diesen Kreisen ist es hip, wenn man „artist“ ist.
Jeder ist irgendwie ein „artist“.
Wenn man mich fragt, was ich mache, dann sag ich gern, dass ich Kellner bin.
Die Painter und Poets dieser Stadt gehen mir ziemlich auf den Keks. Meist haben sie „artist“ auf die Stirn tätowiert, damit es auch jeder gleich weiß. Sonst könnte man sie ja für gewöhnliches Fußvolk halten.

(Die aufmerksame Leserin hat erfolgreich ein erhitztes Gemüt erkannt.)


292. Tag

Das englische Wetter ist herrlich! Wunderbar kalt, immer wieder Regen. In meinem Fall bedeutet das, dass ich früher meinen Arbeitsplatz verlassen kann wegen mangelnder Kundschaft.
Meine Arbeitsfreude nimmt zu mit abnehmenden Arbeitsstunden.

Ich kümmere mich besser um mich.
Schritt für Schritt.
Der erste war regelmäßig Zahnseide benutzen.
Der zweite ist unregelmäßige Meditation.
Der dritte wird sein regelmäßige Meditation.
Der vierte?
Wer weiß das schon.
Vorschläge?


291. Tag

Herzlichen Dank für die Krisenintervention!

Dienstag, 19. August 2008

290. Tag

Der Tag begann damit, dass ich ein email von den Londoner U-Bahnen erhalten habe mit dem Hinweis auf ihren Streik, der morgen beginnt.
Ein Tag voller Ärger über die bevorstehenden Unannehmlichkeiten wird beschlossen von einem weiteren email:
Der Streik wurde abgesagt.

Ich habe auf Wikipedia einen Artikel über die U-Bahn Anschläge vom Juli 2005 gelesen. Schrecklich.

(Alle Ereignisse haben nichts miteinander zu tun. Außer den bereits genannten Zusammenhängen natürlich.)


289. Tag

Ich glaube, dass man es als Philosoph geschafft hat, wenn alle Leute, die vor einem philosophiert haben, schlichtweg die „Vorsokratiker“ genannt werden.
In den seltensten Fällen kann man sich etwas davon kaufen.
Aber das stört sie anscheinend wenig. Die Philosophen.
„…daß es für die Philosophen ein leichtes ist, reich zu werden, wenn sie dies wollen, daß es aber nicht das ist, was sie interessiert.“
(Aristoteles)

288. Tag


Ich hab mir heute die Mime-Aufführung einer Freundin angesehen. In einer wunderbaren, stimmungsvollen Lagerhalle, die man sich merken muss.

287. Tag

Warum gibt es in Österreich diese ausgeprägte Kaffeehaustradition?
Eine Frage, die mich erst interessiert hat, als sie mir gestellt wurde.
Die Antwort darauf liegt anscheinend bei den Türken, die das schwarze Gold (wie ich gerne die Flüssigkeit nenne, die viele Menschen anzutreiben scheint) zu uns gebracht haben.

Dazu fällt mir ein Kanon ein, der mir im Musikunterricht der Unterstufe beigebracht wurde:
C-A-F-F-E-E trink doch nicht so viel Caffee
Nicht für Kinder ist der Türkentrank
Schwächt die Nerven, macht dich blass und krank
Sei doch kein Muselman, der ihn nicht lassen kann.

Dazu fällt mir ein, dass der Musikprofessor gern ein Jäckchen trug, dessen Knöpfe (wenn auch nur entfernt) an Hackenkreuze erinnerten.
Scherzhalber haben wir sie die Hackenkreuzknöpfe genannt.

Jetzt frage ich mich, ob es doch weniger Zufall und mehr Absicht war?
Nein, das frag ich mich natürlich nicht.
Nur nichts Schlechtes über andere sagen. Hoho.

286. Tag

Hochzeitstag!
Ich muss länger arbeiten und drohe in Zeitknappheit zu geraten. Doch ich lege einen phantastischen Endspurt hin und schaff es um 5 Minuten vor 9 an der Tür zu läuten. Mit dem Ergebnis, dass ich die Braut aufwecke.
Der Rest der lateinamerikanischen Hochzeitsgesellschaft trudelt ca. eine Stunde später ein.
Ich hab mich inzwischen schon mit den MitbewohnerInnen angefreundet.
Einige der Hochzeitsfeiergäste stehen dem Brautpaar nicht sonderlich nahe. Ich werde des Öfteren für den Bräutigam gehalten. Es liegt wahrscheinlich am Zylinder, den ich von meiner Vermieterin geliehen habe. Er ist der Zylinder ihres Großvaters und dementsprechend edel…
Natürlich kläre ich das Missverständnis nicht auf und zucke nur wissend lächelnd mit den Schultern. (Früher oder später kommen sie schon drauf.)

Gegen 11 brechen wir auf zu eigentlichen Bestimmungsort. Der nahe gelegene Friedhof. Ich zögere noch ob der Illegalität des Unternehmens.
Doch ich denk mir: So oder so werde ich etwas erleben. Als nichts wie über die Mauer.

Der Friedhof ist wunderschön und sehr groß. Die Gräber sind für englische Verhältnisse ungewöhnlich asymmetrisch angelegt, was es nicht gerade einfach macht in der Dunkelheit seinen Weg zu finden.
Ich rede mir ein, dass die Unebenheiten, über die ich stolpere, hoffentlich Grabsteine sind. (Es hat in letzter Zeit viel geregnet…)
Wie dem auch sei, nach einigem Hin und Her kommen wir zu der alten Kirche in der Mitte des Friedhofs. Dort wird leise zum Tanze aufgespielt. Gegen 3 muss ich diesen heiligen Ort allerdings verlassen. Die Arbeit ruft am nächsten Tage.
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(Ich bin in der Dunkelheit gegen einen Baum gelaufen. Deshalb sieht mein Gesicht so komisch aus.)

285. Tag

Kaufrausch.
Ich habe mir für die Hochzeit was ganz feines in einem 2nd Hand Laden. Einen dunkelblauen Samtanzug.
Heiß.

Leider konnte ich mich von da an nicht mehr stoppen.
Ich spielte schon lange mit dem Gedanken mir ein Kickboard zu kaufen. Heute bin ich auf der Suche nach 2nd Hand Läden auf ein Skateboardgeschäft gestoßen. Ich konnte der Verkäuferin das Vorführmodell abschwatzen, allerdings immer noch für ein Heidengeld.
J. wird mich schimpfen… gut, dass sie nicht da ist.

284. Tag

Aufgrund des Kälteeinbruchs, der London in den letzten Tagen (Wochen?) heimsucht, konnte ich früher das Arbeitsschlachtfeld verlassen.
Ich bin losgezogen, um etwas zu erleben.
Und hab mir ein Buch gekauft: Learn Spanish in 10 minutes a day
Die perfekte U-Bahn Lektüre.


283. Tag

U., meine Arbeitskollegin, heiratet nächsten Februar und liegt mir seit Wochen ständig in den Ohren. Wegen Einladungen, Hochzeitskleider, Bands,…
Ein Arbeitskollege ihres Zukünftigen heiratet und die haben vor einem halben Jahr Einladungen verschickt für die Hochzeit nächsten August.

Da schätz ich die südamerikanische Art. Diese sms habe ich heute früh erhalten:
You’re officially invited to Andy&Natali’s wedding celebration. 15th of August meeting in… to go to … cemetery. Bring salads, candles, blankets cushions. We appreciate as presents: whatever, plants, big pots, sex toys etc. We’d love to see you! Dress code: Tim Burton’s Corpse Bride

Ich freu mich und frag mich, was ich anziehen soll.

Montag, 11. August 2008

282. Tag

Auflösung zu Tag 278.
J. war’s. Äußerst erbost darüber, dass ich ihre Zeit vertrödle, wollte sie das Zeug aus dem Fenster schmeißen.
Sie hat allerdings die Kurve gekriegt und wir haben beide herzlich gelacht.

Ich kümmere mich um ihre Blume. Zunächst wollte ich nicht. Immer wenn ich die Blumen meiner Mutter gießen musste, hatte ich eine 30 % Verlustquote.
Aber ich bin jetzt erwachsen und kann mich um Blumen kümmern.
Ich hab ihnen über gefinkelten Schnureinsatz Plätze am Fenster verschafft, damit sie genug Licht bekommen. (Und ich hab jetzt endlich wieder genug Platz, um Dinge am Boden abstellen zu können.) Dr. Green Thumb

greenthumb


281. Tag

Der erste freie Tag seit langer Zeit, den ich ganz allein verbringe. Zugleich schön und nicht ganz leicht.
Lange Gespräche mit meiner Vermieterin.
Über Gott und die Welt.
Wir haben uns schon lange nicht mehr so unterhalten.
Früher beinahe täglich beim Frühstück. Meist hab ich deswegen den Bus verpasst.


280. Tag

Kultur, warum nicht.
Nach der Arbeit bin ich in den Süden Londons gereist, um die Aufführung einer Freundin eines Freundes zu sehen.
Die Show bildete den Abschluss ihrer Schauspielausbildung. Die Aufführung war enttäuschend und somit beruhigend.
Die Freundin ist angenehm verrückt.


279. Tag

Ich bin heute wieder zu spät zur Arbeit gekommen. Langsam wird es peinlich.
Ich bin allerdings nicht wie vermutet nackt auf der leeren vierten Säule am Trafalgar Square aufgewacht.
Die U-Bahn hat sich entschieden nicht mehr zu fahren. Das verärgert einige Menschen. Ein Kerl meint, er müsse seinem Ärger mit rassistischen Äußerungen Luft machen. Sein italienischer Akzent hat das ganze nicht sehr glaubwürdig gemacht. Dennoch habe ich nichts gesagt. Und anschließend an meiner Integrität gezweifelt.


278. Tag

Normalerweise komm ich pünktlich zur Arbeit, heute nicht. Ich habe verschlafen, haste auf der Suche nach Kleidung in aller Eile zum Schrank, nur um zu meinem Erstaunen festzustellen, dass alle meine Unterhosen weg sind.
Die Größe meines Zimmers erlaubt es mir verlegte Gegenstände durch einen schnellen Rundumblick zu lokalisieren. Aber die Unterhosen sehe ich nicht. Die Suche in der Schmutzwäsche bleibt ebenfalls ergebnislos.
Nehmt euch mal ein wenig Zeit, um zu überlegen, was ihr so tun würdet.

Ich habe aus mir unerklärlichen Gründen mein Bett gemacht. Wie ich die Kopfpolster aufschüttle, bemerke ich, dass unter einem der Kissenbezüge meine gesamte Lingerie – vom String bis zum Long John – ist. Ordentlich gefaltet.

Nehmt euch noch mal ein wenig Zeit, um zu überlegen, was in eurem Kopf vorgehen würde.

Nach hunderten mehr oder weniger plausiblen Erklärungsversuchen, einigte ich mich mit mir selbst auf folgende. Als Kind war ich passionierter Schlafwandler, und ich denke, alte Gewohnheiten legt man schwer ab.
Ich vermute, dass ich des Nachts meine gesamte Unterbekleidung sorgfältig zusammengelegt in den Kissenbezug gestopft habe, um anschließend mein müdes Haupt wieder darauf zu betten.

Eine tiefenpsychologische Deutung?
Ich habe gern meine Unterhosen in Kopfhöhe?

Wahrscheinlich nicht.
Ich bin für Vorschläge offen.
Mal sehen, was morgen los ist.

Wahrscheinlich wach ich auf mit meinen Socken an den Schrank gefesselt oder so.


277. Tag

J. ist heute abgereist. Einerseits ist es schade, andererseits blicke ich froh auf die Zeit, in der ich wieder auf mich allein gestellt bin.


276. Tag

55. Geburtstag vom Papa.
Ich hab ihm über meine Schwester ein Geburtstagsgeschenk zukommen lassen: Ein Buch, das ich wärmstens empfehlen kann: The Red Tree von Shaun Tan.
Für Kinderbücher ist man nie zu alt. Höchstens zu jung.

Der Abschied von meiner Schwester und dem Sebi war verhältnismäßig leicht. Besonders angesichts der Tatsache, dass ich in einem Monat heim komm.


275. Tag

Ich finde es ganz wunderbar mit lieben Menschen aus der Heimat diese Stadt zu entdecken.


274. Tag

Es regnet, Gott seis gedankt. Auf England ist Verlass! Der Arbeitstag ist wunderbar ruhig.


273. Tag

Ein Bekenntnis. Ich mag Starbucks. Als Angestellter eines kleinen, ums Überleben kämpfenden Cafes sollte ich das nicht.
Man lebt nur einmal.
Immerhin haben sie statt Sachers Kaffeebohnen Fair Trade Kaffee.
Das beruhigt mein Gewissen. Unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht.


272. Tag

Ich versuch den Touristenführer zu spielen, hör das aber gleich wieder auf.

271. Tag

Englands Bewohner und öffentliche Verkehrsmittel zeigen sich nicht unbedingt von ihrer besten Seite bei der Ankunft von meiner Schwester und Sebi.

Mittwoch, 30. Juli 2008

270. Tag

Mehr Arbeit. Noch mehr Kinder. Ich will fort.


269. Tag

Die gute Beziehungsstimmung hält an, der freie Tag ist gerettet. Am Abend wird der von meinen Eltern ins Land geschmuggelte Kartoffelteig zu Obstknödel verarbeitet. Ich fühl mich ein wenig wie zu Hause und bin glücklich.
J. und ich unterhalten uns noch mit ihren Mitbewohnern. Der Japanerin und dem Slowaken.
Sie haben beide Vornamen, die ich weiß, und ich mag sie.


268. Tag

Ein weiterer Arbeitstag. Mehr Kinder.
Mein Schatz führt mich aus. Ein übler Arbeitstag mündet in einen netten Ausgehabend, der zu einem deftigen Streit führt, der aber noch zu einem guten Ende gebracht werden kann.

Niemand hat mir gesagt, dass Beziehungen so schwierig sind.

267. Tag

Ich beginne Kinder wirklich abgrundtief zu hassen. Mehr allerdings noch ihre Halter. Mein Job macht mir zur Zeit überhaupt keinen Spaß.
Ich bin gereizt und müde.

266. Tag

Wir versuchen Poker zu spielen. Leider kennt keiner die Regeln. Genauer: Jeder kennt ein paar Regeln, die allerdings nicht ganz zusammenpassen.
Um das zu kompensieren denken wir uns alternative Poker Identitäten aus: Evil Johnny. Das bin ich.
Ich verliere und kann mich GottseiDank auf den Regelschlamassel herausreden.


265. Tag


Auf ein wunderbares Picknick im Regentspark folgt ein lang ersehnter Kinobesuch: The Dark Knight. Der neue Batman.
Ich finde ihn ganz nett. Nichts was man gesehen haben muss. Der Joker gefällt mir sehr gut. Insofern sehenswert.


264. Tag

Ich möchte mir den neuen Batman anschauen. Ich bin besonders auf den Joker gespannt.

263. Tag

Ich hab meiner Vermieterin jetzt endgültig gekündigt. Und ich freu mich schon auf mein neues Heim.
Ich hab jetzt auch endlich eine National Insurance Number. Das heißt, dass ich endlich in diesem Land arbeiten darf.
Gut!

Dienstag, 22. Juli 2008

262. Tag

Ich informiere meine Vermieterin über meinen baldigen Umzug.
Nein, ich sag ihr, dass ich ein Angebot erhalten habe, über das ich noch nachdenken muss.
Ich sag ihr nicht, dass ich mich schon entschieden habe.
Morgen. Bestimmt.


261. Tag

Nach der Arbeit flugs ins Katholiken Zentrum. Dort haben sie mir ein wunderbares Zimmer zu unglaublich günstigen Kondition angeboten.
Macht sich das Theologiestudium endlich bezahlt?
Nicht nur persönlichkeitsmäßig sondern in Heller und Pfennig?


260. Tag

Sonntag.
Dawn of the Dead.
Der Tag beginnt mit argentinischen Zweifeln, denen ich eine Zuversicht entgegenstelle, die mich erstaunt. Und sie.


259. Tag

Im Park findet ein Festival statt. Der Besucherandrang bleibt allerdings aus, ich kann meinen Dienst schon um 14.00 beenden.
Ich streune durch die Parkanlage und finde, neben einem Geschenk für meinen Lieblingsgeologen, auch einen Stand, der heißt: Borrow a Muslim.
Das lass ich mir nicht zweimal sagen und schnapp mir einen der Brüder.
Hamza.
Netter Kerl, aber viel zu liberal für eine gute Diskussion.
So sitzen sich zwei Liberale gegenüber, die beide sagen: „Du hast ja eh recht mein lieber Bruder im Geiste.“
Ich bekomm einen Gratis-Koran geschenkt, mit dem ich endlich mein Bücherregal aufmotzen kann.

Bei einem Glas Gratis-Orangensaft und einem Gratis-Keks denk ich über den Sinn von religiöser Missionierung nach.
Mir scheint es nachvollziehbar, dass man nach eingängiger Studie anderen von den Dingen erzählen will, die man für richtig hält.
Doch warum läuft es immer darauf hinaus, dass man den anderen immer zu seinem Klub bringen will?
Am schlimmsten sind die Liberalen.
Die haben keinen offiziellen Klub. Sobald du nur ein wenig über den Gartenzaun schauen willst, schreien sie schon: „Ha, jetzt bist du einer von uns!“
„Nein, ich mag nicht. Da bin ich lieber Konservativ. Opus dei, wo seid ihr? Ich trag mich ein!“


258. Tag

Freitag. Ich hab im Gästezimmer meiner Vermieterin einen Harry Potter Band entdeckt. Ich les ihn in Gedenken an das Harry Potter Seminar, das ich auf der Theologie besuchen musste.
Prompt träume ich auch noch von dem Professor und mir fällt wieder ein, dass ich ihn nicht mag.
Schnell leg ich den Potter wieder zurück ins Regal und schließe mich dem Ratze an und singe im Chor: „Harry Potter ist böse!“

(Um der Wahrheit die Ehre zu geben. Der Papst sagt nichts in die Richtung. Harry Potter ist ihm wurscht und die J.K. auch.)

257. Tag

Mein Drogenimage.
Eine Zeit lang hab ich meine emails unterschrieben mit “Puff the magic dragon”. Nicht regelmäßig, aber immer wieder.
Es gibt ja dieses Lied: „Puff the magic dragon…“ (mehr weiß ich nicht.)
Nun denn; ich dachte immer, dieses Lied handelt von einem Zauberdrachen, der Puff heißt.
Die subtile Botschaft den Zauberdrachen zu rauchen habe ich lange nicht verstanden.

Ich hab ein paar Mal versucht zu inhalieren, aber es hat nichts gebracht.


256. Tag

Ich hab mir eine passende Lektüre für meine täglichen Heimreisen besorgt. Die Odyssee. Sicher, bei mir dauert es nicht 20 Jahre, aber manchmal fühlt es sich so an.
Zuhause wartet dann meine Penelope. Umschwärmt von nur einem Kerl, der hoffentlich bald wieder nach Indien abzieht. Wo er hingehört.
Im Zweifelsfall muss ich doch den Bogen spannen mit meiner unglaublichen Manneskraft und Pfeile abschießen.
Im Moment beschränke ich mich noch auf böse Blicke, die ich ihm telepathisch übermittle.
Das funktioniert, davon bin ich überzeugt.


255. Tag

What do you think of western civilization?
- It would be a wonderful idea!
Robin Williams Stand up – Part 7/10
Youtube

Auch Part 9/10


254. Tag

Ein wunderschöner Tag im Park. Leider ist es der Park, in dem ich arbeite und ich stehe hinter der Theke.
Das heißt leider, dass es für mich kein wunderschöner Tag ist.
Langsam beginne ich Kinder zu hassen und ich frage mich, wie es so viele von uns ins Erwachsenenalter geschafft haben, ohne in dunklen Kellern zu vergammeln wegen allzu vieler Fragen.
Ich möchte den letzten Satz zurücknehmen.
Als Österreicher muss man aufpassen, was man in Bezug auf Keller in Zusammenhang mit Kindern sagt.
Der „Cellar-Dead“ hat es in alle hiesigen Zeitung geschafft. Und ist immer noch den ein oder anderen Bericht wert.


253. Tag

Ein wunderbarer, fauler und wunderbar fauler Sonntag wird unterbrochen durch Anrufe von indischen Exfreunden, gefolgt von Zweifeln usw.
Nur mein ungemein sonniges Gemüt lässt dunklen Wolken der Zukunftsfurcht und grellen Blitzen der Bindungsangst keine Chance.

Neben dieser poetischen Sprache habe ich mir auch noch eine Webcam gekauft. Die Montage dieses Undings ist nicht ganz einfach.
Aber es ist vollbracht. Man kann jetzt nicht nur via Skype mit mir plaudern, man kann sich auch in meinen tief-blauen Augen verlieren.
2008-07-13-84547


252. Tag

Kuchenmäßig hab ich im Moment eine schlechte Serie. Dem Himmel sei dank war heute nicht all zu viel los und ich war in der Lage meine Fehler von gestern auszugleichen.
Diesmal lag es wirklich am Rezept und nicht an mir.


251. Tag

Ich hätte gerne ein T-Shirt mit dem Aufdruck:
I don’t believe in semi-skimmed milk

Ich sehe Menschen, die sich in Unmengen süßes Zeug einwerfen und dennoch darauf bestehen, dass ihr Cappuccino mit semi-skimmed milk gemacht wird.
In einer idealen Welt schaue ich zunächst auf die semi-skimmed milk, dann auf den hochgeschätzten Kunden (bzw. auf das was mein Auge auf einmal einfangen kann), dann auf die Kuchenberge neben ihm, schließlich wieder auf die Milch und lasse mir folgenden Satz auf der Zunge zergehen:
I don’t believe in semi-skimmed milk.

Da wir von einer idealen Welt mehr als nur weit entfernt sind, sage ich nur: “Well, you’re gonna be fat anyway.”

Donnerstag, 10. Juli 2008

250. Tag

Dieser Blog braucht ziemlich viel Pflege. Die bekommt er heute.
Vielleicht gehen sich noch ein paar längst überfällige emails aus.

Ich habe eine Einladung zu einer Vorpremiere bekommen. Da ich nicht kommen kann, leite ich sie weiter.
In der Hoffnung, dass jemand anderes hingeht!

Der Anfang des emails – ohne Genehmigung, weder schriftlich noch mündlich:

Liebe Film- und Theater-FreundInnen,

wir möchten euch die Vorpremiere des Films "Teatro Forma - die soziale Kraft des Theaters"
im Leokino Innsbruck am 18. / 19. / 20.7. um 21 Uhr ans Herz legen.

Ich würde gerne gehen, aber es geht nicht. Ich muss arbeiten…


249. Tag


Nach 4 Stunden Regen und 3 Gästen wurde einhellig beschlossen den Arbeitstag im Park zu beenden.
Durchnässt komm ich nach Hause, kuschle mich ins Bett und schau mir einen Film an.


248. Tag

Ich lasse mich immer mehr und mehr hier nieder.
Ich habe eine National Insurance Nummer beantragt. Die ich hoffentlich bekomme.
Dann darf ich hier überall arbeiten. Haha.
Von Amtswegen bin ich aus Österreich einiges gewöhnt. Dementsprechend überrascht war ich von meiner 10minütigen Wartezeit.

Ein ehemaliger Schulkollege hat Robinson Crusoe bearbeitet und ein 50-Minuten-Ein-Personen-Stück daraus gemacht.
Ich bewundere ihn dafür sehr.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das nicht ganz leicht ist.
(Das Ergebnis ist gefällt mir auch ganz gut.)


247. Tag

Haggln. Ein neuer Arbeitskollege. Ein 42jähriger Schlagzeuger, der aus Wien geflohen ist, um in London sein Glück zu versuchen.
R-E-S-P-E-C-T.


246. Tag

Sonntags schau ich mir gerne blöde Filme an. Diesmal: Vampires von John Carpenter. Leider ziemlich blöd.
Gefolgt von Ratatouille. Ein wunderbarer Animationsfilm. Schon lange nicht mehr so gelacht.

Am Abend sind wir einer Einladung gefolgt: Slow Boat nach Haifa. Eine Themenparty des Jewish Community Centre.
Auf einem echten Boot. Mit echten Juden.


245. Tag

Nach einer beinahe durchwachten Nacht gehen wir beide in die Arbeit. Ich muss an alle Menschen denken, die in letzter Zeit gestorben sind und werde ganz traurig.


244. Tag

Nach dem dienstäglichen Sachertortenfiasko steht mein Ruf als Meisterbäcker auf dem Spiel. Angespornt vom letzten Tiefschlag bin ich im Gegensatz zum österreichischen Nationalteam in der Lage meine Außenseiter Position zu nutzen und kontere mit einer Sacherschnittenglasur, dass einem das Herz aufgeht.

(Ich weiß nicht, woher ich diesen Meisterbäcker Ruf habe. Ich verdiene ihn nicht. Nein, ich weiß, woher ich ihn habe. Ich schiebe am Dienstag immer eine Backschicht. Daher das Label: „Philipp der Bäcker.“
Andrea, die Alleskönnerin, zaubert Torten, dass einem Hören und Sehen vergeht. Während ihrer 40stündigen Arbeitsverpflichtung bäckt sie natürlich viel mehr als ich. Meine Kuchen bilden also einen Teil von ihren Kreationen. Daher mein Ruf. Glück muss man haben.
Auf Komplimente antworte ich arrogant lächelnd mit: „Gelernt ist eben gelernt.“)

Am Abend geh ich mit meiner Liebsten ins Kino. The Orphanage. Ein spanischer Horrofilm, den ich empfehlen kann.
Ich alter Horrorfilmfürchter habe beinahe den ganzen Film auf ihrem Schoß verbracht, den Kopf in ihrer Achselhöhle vergraben.
Ich könnte sagen, dass ich die Situation ausgenützt habe, aber das wäre eine glatte Lüge.

Danach gehen wir zu ihr. Dort muss ich zum zweiten Mal miterleben, wie ein Mensch erfährt, dass eine ihm nahestehende Person gestorben ist. Eine Erfahrung, die ich kein drittes Mal machen muss.
Ihre Großmutter ist gestorben und ich kann nichts anderes tun, als ihre Hand zu halten.


243. Tag

Der zweite freie Tag endet gleich wie der erste. Scheitern auf allen Linien. J. ist diesmal beim Proben und kann mich nicht retten.
Ich muss es selbst tun und gehe zu einem Auftritt von Pappy’s Fun Club. Tom und Ben bilden 50% dieses Clubs. Ich mag sie und ihre Sachen. Dennoch verändert meine Ausbildung meine Ansprüche…

Vor einigen Monaten erhalte ich ein mail von einem Freund, das folgendermaßen beginnt:
„Wäre es nicht schön, wenn ein Salzburger und ein Tiroler in London auf ein Bier gehen würden…“
Der Tiroler bin ich, der Salzburger ist der Cousin meines Freundes.
Nach wochenlangem email Kontakt mit dem Cousin, schaffen wir es heute endlich uns zu treffen.
Wir fühlen uns beide ein bisschen wie auf einem Blind Date.
Zwei Umstände machen die Sache viel einfacher. Wir wissen beide, dass wir uns am Ende des Abends nicht die Frage stellen müssen: Küssen oder nicht küssen?
Der Cousin ist meinem Freund, den ich überaus schätze, sehr ähnlich.
Wir verbringen einen witzigen Abend


242. Tag

Alles wieder gut. Andrea, die ungarische Alleskönnerin mit ihrem Bodybilderfreund, rettet meine Sachertorten.
Ich bin ihr auf ewig zu Dank verpflichtet.


241. Tag

Sachertorten Desaster. Ich verleihe mir selbst den Titel: Sachertortenverunstalter des Monats Juli.


240. Tag

Der erste wirklich freie Tag beginnt mit dem Versuch alle meine Ferienpläne zu realisieren. Vergeblich.
J. nimmt mich an der Hand und führt mich an einen Ort, an dem alle Zweifel auf einmal ihre Bedeutung verlieren.


239. Tag

Wunder, wunderbarer Spaziergang von Camdenmarket den Kanal entlang nach Little Venice. Kann ich jedem Londonbesucher nur ans Herz legen.


238. Tag

Erster Arbeitstag in den Ferien. Am Abend hab ich von der Barbara Abschied genommen. Sie ist meine älteste Freundin hier in England. Ihre Auszeit geht zu Ende, sie geht wieder nach Österreich um zu studieren. Von der Simone hab ich mich vor einer knappen Woche verabschiedet.
Mir fällt auf, dass wir nur Gäste im Leben anderer Menschen sind. Und sie sind nur Gäste in unserem Leben. Sie bleiben ein wenig, bekommen einen mehr oder weniger großen Platz in unserem Herzen und gehen wieder. Und wir gehen.
Nach diesen tiefen Gedanken bin ich über die Gehsteigkante wieder auf mein normales Niveau geklettert: Philipp, die Partysau.



237. Tag

Erster freier Tag.



236. Tag

Eigentlich sollte dies mein erster schulfreier Tag sein, aber wir werden nochmals ins Studio bestellt.
Zum ersten sehen wir uns einen Mitschnitt der Aufführung an. Zum ersten Mal sehe ich das ganze Stück und weiß nun, was die anderen auf der Bühne so treiben.
Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, aber dennoch frag ich mich, inwieweit ich mich schauspielerisch weiterentwickelt habe. Ein wenig vielleicht.

Zum zweiten erhalten wir unsere Zeugnisse!

zertifikat


235. Tag

Meine Prüfung beginnt spannend.
Ein Mädchen aus dem dritten Jahrgang erscheint heute nicht. (Es ist auch ihre Prüfung.)
Gestern großer Streit im dritten Jahr. Das Mädchen entscheidet sich nicht mehr zu kommen. Zwei Stunden vor dem Diplom, auf das sie seit mehr oder weniger drei Jahren hinarbeitet, gibt sie auf.
Entweder ist etwas wirklich Schreckliches passiert oder jemand ist unglaublich dumm.

Es gibt auch Parallelen zwischen ersten Prüfungen, dem ersten Waffenhandel und dem ersten Mal am Lichtschalter.


234. Tag

Erster Teil der Diplomprüfung des 3. Jahrgangs. Immer wenn ich das technische Zeug machen muss, bin ich nervöser als wenn ich selbst auftrete. Was vielleicht daran liegt, dass das immer am wenigsten geprobt wird.
Zudem bin ich lichttechnischmäßig noch Jungfrau.
„Selling a gun for the first time is a lot like having sex for the first time. You're excited but you don't really know what the hell you're doing. And some way, one way or another, it's over too fast.” (Yuri Orlov in Lord of War). Insofern gibt es Parallelen zwischen Waffenhandel und Lichttechnik.
Anschließend hab ich eine Zigarette geraucht und bin zur Arbeit gerauscht.

(Keine Sorge, ich bin immer noch Nichtraucher)

Dienstag, 1. Juli 2008

233. Tag

Den ganzen Tag die Lichttechnik geprobt für die Abschlussprüfung des 3. Jahrgangs. Nebenher noch für meine Prüfung geprobt.


232. Tag

Zeit mit meinen Eltern verbringen. Am Abend Abschied nehmen. Die Zeit war viel zu kurz. Wie immer konnte das meiste nicht gesagt werden.
‚Da hängt mein Lieblingsbild.’ ‚Dort hab ich mal eine unglaublich schlechte Band gesehen.’ ‚Hier wart ich immer auf den Bus.’ So Zeug halt.
Dafür hatten wir Zeit für die wichtigen Dinge.

231. Tag

Ein ereignisreicher Tag.
Ich zeige meinen Eltern meine Arbeitsstätten und mein Lieblingscafe. Und meinen Lieblingsmenschen. Huaahh.
Dann muss ich los, um mich auf die Aufführung vorzubereiten und muss meine Eltern in dieser Weltstadt alleine zurücklassen, in der Hoffnung, dass sie den Weg alleine finden.
Das Leben lehrt mich allerdings, dass meine Eltern alt genug sind, um auf sich selbst aufzupassen, ich allerdings…
Nein, ich will es anders erzählen:
In Verehrung für den jüdischen Kultusminster A. Schwarzl bemühte ich mich eine Tradition aufrechtzuerhalten.
Die Tradition bei letzten Aufführungen Räume im Sprung zu betreten. Allerdings habe ich einiges falsch verstanden.
Bei mir war es kein Raum, sondern ein Hof. Ich traf auch nicht den Türstock, sondern die Kante eines Eisentors, eines niedrigen zugegebenermaßen. Dieses Kunststück sparte ich mir nicht für nach der Vorstellung auf, sondern zeigte es vorher.
Das Ergebnis war das gleiche. Eine heftig blutende Kopfwunde.
Da in diesem Business Aufführungen relativ wichtig sind, bekam ich einen Kopfverband, der eher vermuten ließ, dass ich Zahnschmerzen und keinen blutigen Kopf habe und wurde auf die Bühne, nun ja, gebeten. Getragen.
Nein, es ging mir gut. Die wackeligen Knie wurden vom Adrenalin gefestigt und los gings. Das Publikum glaubt, dass der Verband teil des Kostüms war und niemand außer 17 Darstellern und 2 Regisseuren machte sich Sorgen.
Ich bin nachher dennoch ins Krankenhaus gefahren. Zur Sicherheit.
Nach circa vierstündiger Wartezeit neben blutenden Kindern, blutkotzenden Frauen und sterbenden Schlägern konnte die Schwester fünf Minuten erübrigen, um meine Wunde zu reinigen, zu kleben und mir eine Tetanus Spritze zu verabreichen.
Immerhin hatten meine Eltern und meine Freundin genug Zeit sich kennen zu lernen.
Das Pub Besäufnis habe ich allerdings schon wieder verpasst.

bloodyhead



230. Tag

2. Aufführung. Entgegen aller Konventionen war sie besser als die erste. Danach kurz ins Pub und anschließend zur Liverpoolstreet Station, um meine Eltern abzuholen. Freude, Freude, Freude!
Ich bring sie nach Hause und auf einmal verändert sich alles.
Nicht alles, aber zumindest mein Verhältnis zur Stadt und zum Haus.
Plötzlich ist es meine Stadt. Und auch ein bisschen mein Haus. Und sie sind meine Gäste.
Meine Eltern.


229. Tag

Premiere.
Der Tag hat mit einer launischen Freundin begonnen. Da kann es nur besser werden.
Die Premiere war ausgezeichnet.
Wir haben ziemlich hart gearbeitet und das Ergebnis ist sehenswert.
Ich bin froh und zufrieden gleichermaßen.
Nach der Premiere mache ich etwas, das ich seit Monaten nicht mehr gemacht habe. Ich geh nach einem kurzen Besuch im Pub heim und leg mich um 11 ins Bett. Eine Premierenfeier nach meinem Geschmack.

plakat


228. Tag

Der Stimme geht es nach Honig-Zitronen-Intensivkur wieder besser. Dennoch trete ich heute bei der Probe etwas leiser.
Der Durchlauf ist sehr gut. Überraschenderweise werden wir nach nur einer Stunde in die Freiheit entlassen.
Freude und Überforderung zugleich. Was tun mit der freien Zeit? Wo ist mein Leben geblieben…

Am Abend habe ich die Eltern einer Freundin kennen gelernt. Es war sehr amüsant und ich hatte endlich Gelegenheit mein Italienisch wieder aufzubessern.
In diesem Jahr habe ich gelernt mich in mir unbekannten Sprachen frei auszudrücken.


227. Tag

Ich habe ziemlich viel Text in unserem Stück. Mehr als man sich für eine Mime-Performance erwarten würde.
Ich sage viel und ich sage es laut.
Leider habe ich meine Stimme nicht aufgewärmt.
Nun muss ich dafür bezahlen. Und schweigen. Das entspricht zwar meinem Naturell, lässt sich allerdings nur schwer mit der Aufführung übermorgen vereinbaren.
Im Kipferl werde ich mit viel Honig und Pfefferminztee wieder aufgepäppelt.


226. Tag

Der Besuch meiner Eltern muss gut organisiert sein. Ich bin heute in die Liverpoolstreet gefahren, um ihren Transport von Stansted nach Central London zu checken.
Ich freu mich.


225. Tag

Sonntag. Tag des Herrn. Ruhe. Wieder nicht in der Kirche gewesen. Stattdessen mit meiner Liebsten geschmust. Ich hoffe, ich komme deshalb nicht in die Hölle.
Nein, sicher nicht. Ich habe nämlich Vater und Mutter geehrt mit einem Telefonanruf. Ich weiß nicht weshalb, aber ich hab vergessen die beiden zur Schulaufführung einzuladen. 4 Tage vor der Premiere habe ich das nun nachgeholt.
Spontan habe sie zugesagt. Ich bin vor lauter Freude eine Viertelstunde im Kreis gelaufen. Zum Runterkommen.

Sie kommen.


224. Tag

Obwohl der Sonntag dem Herrn gehören sollte, verspüre ich das Bedürfnis meine Arbeitsdienste vom Samstag auf den Sonntag zu verschieben.
Jetzt ist es so, dass ich nach einer langen Schulwoche einen langen Arbeitstag habe, der in mir jeglichen Wunsch nach abendlichem Fortgang ausbrennt.
(Microsoft Word schlägt hier vor ‚abendlichen’ zu verwenden. Ich bin verunsichert. ‚Nach’ verlangt meines Wissens nach den Dativ, in diesem Falle ist mir allerdings der unbestimmte Artikel zu bestimmt, da die Arbeit jegliches Verlangen vertilgt. Insofern scheint es mir am ehrlichsten den unbestimmten Artikel wegzulassen. Wenn es mich nicht täuscht übernimmt das Adjektiv den Fall das Artikels und aus ‚nach einem abendlichen Fortgang’ wird ‚nach abendlichem Fortgang’, oder?
Ich vertraue darauf, dass mein mir inzwischen gleichgültiger Lateinprofessor das hier nicht liest.
Ach, ich habe mich verzettelt…


223. Tag

Keine Ahnung was da passiert ist.

222. Tag

Beim Unterhosenkauf kommt ein Anruf von meinem Chef. Er sagt mir zu, dass ich in den Sommermonaten mehr beim ihm buggln, malochen oder haggln kann. Mein Sommer ist finanziell gerettet! Juhuu!
Die Erleichterung, die mir dieser Anruf verschafft, erstaunt und erfreut mich.
Des Abends verschlägt es mich in ein Pub, in dem man „Fußball auf österreichisch“ schaut. Was das heißt, wird mir auf die harte Tour beigebracht.
Ich steh schwitzend – allerdings mit einem kühlen Stiegl Bier – eingeklemmt zwischen baumlangen Kerlen, die befreit von Krawatte und den obersten Hemdknöpfen „Immer wieder Österreich“ schreien. Ich werde mit einer Art Schuhcreme beschmiert und weiß auf einmal wieder, warum ich dieses Land verlassen habe.

oesterreich


Es war ganz eigenartig so nach Hause zu fahren.


221. Tag

Geburtstag von der Barbara. Ich werde gezwungen ein federboaähnliches Ding zu tragen. Aber sonst wars ganz nett.

220. Tag

Um meinen Rücken zu schonen benutze ich jetzt immer den großen Rucksack. Viel zu groß für meine Zwecke, aber er verteilt alles ausgezeichnet über meinen alten Rücken. In meinem Business (was immer das auch ist) muss man auf so etwas achten.

Die Abende werden immer länger. Es ist bis fast 22.00 Uhr hell.

Da ich den Bus um 2 Minuten verpasst habe, entschloss ich mich loszustapfen anstatt 18 Minuten zu warten.
Mit meinem Rucksack auf den Schultern und der Abendsonne im Gesicht.

Der Weg führt mich am Broomfield Park vorbei. Wie es der Zufall so will, tragen mich meine Beine weg vom Gehsteig hinein in den Park über die Wiese gen Norden.
Der Park ist zwar nicht sonderlich groß, aber aufgrund intelligenter englischer Parkplanung schirmen große Bäume die angrenzenden Straßen vollständig ab.
Meine Kopfhörer dämmen den Straßenlärm und tadaa: Für einen kurzen Augenblick kann ich mir einreden, dass ich über saftige Tiroler Wiesen spaziere.


219. Tag

Ich habe heute überraschenderweise mit ollstar telefoniert. Herzerfreulich mit alten Freunden zu sprechen. Ums mit Forrest Gump zu sagen:
„… and even I know that aint somethin’ you can find just around the corner…”
Jaja.


218. Tag

In letzter Zeit vermiss ich Österreich sehr. Land und Leute.
Heute bin ich aufgewacht und hatte das eigenartige Bedürfnis mit meinen Eltern eine Bergtour zu unternehmen. (Dieser Wunsch wird sie am meisten erstaunen.)
Gefolgt von dem Wunsch mit meiner Schwester einen Kaffee trinken zu gehen. Nur schnell. Für eine Stunde oder so.
Aber das geht halt nicht. Nicht einfach so.
Was ist mir wirklich wichtig.
Diese Frage beschäftigt mich schon seit einiger Zeit.
Es gibt dieses Buch. Ismael. Ein Roman, den ich sehr empfehlen kann.
Ich möchte einen Abschnitt kurz zusammenfassen.
In unserer, ich will mal sagen westlichen Gesellschaft gibt es überraschend viele Propheten – im weiteren Sinn. Und viele Menschen, die Propheten suchen, damit sie ihnen sagen, wie man leben soll.
Worauf der Affe (denn der Affe erzählt) hinaus will, ist folgendes: Jedes Lebewesen auf diesem Planeten weiß, wie man leben soll. Nur der Großteil von den 6 Milliarden federlosen Zweibeinern hat da seine Probleme.
Irgendetwas läuft hier sehr falsch.

Nun denn. Geplagt von derlei Gedanken kam die Instant-Erlösung. Leider nicht mit pfingstlichen Feuerzungen. Eher in hopfen-malzartiger Form, der Tunnelblick als Fokus: Es gibt da eine jüdische Parabel von einem Kerl der – in sehr verkürzter Form – sagt: Alles, was man im Leben braucht sind zwei Taschen mit zwei Zetteln. Auf einem steht: Das ganze Universum wurde für dich erschaffen. Auf dem anderen: Du bist nur Asche und Staub.

So etwas fällt einem auch nur im Rausch ein. Auf die Prohibition!


217. Tag

Hin und wieder läuft es wie geschmiert.


216. Tag

Meine Arbeit wirkt sich positiv auf mein Essverhalten aus. Ich habe heute eine Torta Verde gezaubert. Ein wunderbares Ding!
Leider hab ich mich ein wenig verplant. Wenn man zweieinhalb Stunden Zeit hat, sollte man nicht etwas kochen, das eineinhalb Stunden benötigt. Besonders nicht, wenn man auch noch seinen Körper pflegen will.
Ich hab es dennoch zur Clownaufführung eines Freundes geschafft. Manchmal ist es gut, wenn man raus kommt.
Zum ersten Mal seit langer Zeit bin ich wieder alleine zu einer Veranstaltung gegangen. Ich war gleichzeitig befreit und beängstigt. Und so allein war ich dann doch nicht.

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